(EUROWINGS) DISCOVER A330 Business Class | Kabinen-Roulette
Aktualisiert: 3. Dez. 2023
„Eurowings? Das ist doch nichts Interessantes.....!“
Oh doch! Erst einmal: Eurowings Discover ist nicht dasselbe wie Eurowings. Sie heißt zwar sehr ähnlich und ist ebenfalls eine 100%ige Tochter von Lufthansa, wurde aber erst im Sommer 2021 gegründet und soll zunächst vor allem Urlaubsziele auf der Langstrecke anfliegen, die alle mit Airbus A330 bedient werden. Trick dabei ist, dass die Airline bei der Flotte auf Bestände der Lufthansa Group zurückgreifen kann – und das ohne große Änderungen.
So bin ich mit Eurowings Discover etwa in einer originalen Lufthansa A330 und einer originalen Edelweiss A330 geflogen, und so entstand dieser Report. Inzwischen wurde die Airline in ein neues Konzept übergeführt, mit samt "neuem" Namen: DISCOVER - der Rest ist gleich und somit das hier beschriebene Produkt.
Die zwei (!) Videos zu diesem Beitrag:
Vor dem Flug
CHECK-IN UND GEPÄCK
Das Gute bei europäischen Airlines: wenn es zum Gepäck bei Business-Class-Flügen kommt, ist die hohe Menge an Freigpäck, ebenso auch bei Eurowings Discover: während asiatischen Airlines im allgemeinen nur 40kg erlauben, sind es hier 2x 32kg!
Der Online-Checkin geht wie bei fast allen Airlines sehr einfach – die USA gehören aber zu den Ländern, bei denen man immer mal extra zum Schalter gehen muss, um die Bordkarte abzuholen, um direkt die für die Einreise erforderlichen Unterlagen zu prüfen.
DIE LOUNGE – in Frankfurt und in Salt Lake City
Die Bistro Business Lounge der Lufthansa - schönes Konzept!
Eurowings Discover bot den Gästen der Business Class an meinem Flugtag Zugang zur ziemlich hübschen Lufthansa Bistro Lounge in Terminal 1C an. Das Angebot an Speisen und Getränken zur Frühstückszeit war für eine europäische Lounge hervorragend, mit typischem deutschem Frühstück (frische Brezeln!), internationalem Angebot, infused water und sogar einem Tee-Büffet. Dazu kommt die große Fensterfront mit Blick aufs Vorfeld. Duschen gibt’s hier allerdings nicht.
In Salt Lake City sieht es leider ganz anders aus: Hier gibt es eine Besonderheit: fast keinen internationalen Flug mit einer Airline der Star Alliance! Delta ist absoluter Platzhirsch in Salt Lake City. Entsprechend gibt es keine Lounge außer für Delta. – Eurowings Discover hat kein Abkommen mit Delta und es gibt auch keine Voucher etwa für den Besuch eines Restaurants, was in so einem Fall angebracht wäre. In SLC gibt es auch keine Lounge von Priority Pass und auch keine Amex Centurion Lounge. Nur Mitglieder des US-Militärs haben eine eigene Lounge für sich und Familienmitglieder (kein Witz!). - Nur für eine Lounge wollte ich dann aber doch kein US-Bürger werden und der US Army beitreten, daher ging es für mich selbst bezahlt ins Burger-Restaurant.
Der Flug - Eurowings Discover A330
BOARDING & WELCOME – Ex-Lufthansa und Ex-Edelweiss
Geboardet wurde in Frankfurt in eine 17-jährige Maschine der Lufthansa, bei der nur die Sitze neu bezogen waren und an der Wand der Schriftzug von Eurowings Discover war. Ansonsten war alles die originale Lufthansa A330 Business Class.
In Salt Lake City stieg ich dagegen in einen 6-jährigen Flieger von Edelweiss, dem Ferienflieger von Swiss, der noch vor kurzem für Edelweiss flog. Auch hier war der Eindruck wie beim Betreten: originale Edelweiss A330 Business Class.
Zur Begrüßung gab es eine Auswahl aus Wasser, einem alkoholfreien Fruchtcocktail und Champagner (Jacquart Mosaique), sowie feuchte kalte Tücher zur Erfrischung.
Auf dem Rückflug war es etwas mehr durcheinander, was aber auch daran liegen könnte, dass der Flug mit über einer Stunde Verspätung startete und bereits eine Zwischenlandung in Halifax zum Auftanken angekündigt war, weshalb man evtl. am Boden maximal Zeit sparen wollte und den Service in den Flug verschob.
DIE KABINE
Zur Lufthansa-Kabine muss man nicht viel sagen. Es ist die immer noch in fast allen Lufthansa-Großraumflugzeugen anzutreffende Business Class in 2-2-2-Anordnung. Alles sah sehr sauber aus, was ein wenig über diese veraltete Form hinweg tröstet. Für einen als Ferienflieger geplante Airline immer noch in Ordnung, obwohl ja die Preise nicht unbedingt niedriger sind.
Die Edelweiss-Kabine ist in Deutschland wohl weniger bekannt. Sie ist an die Anordnung von Swiss angelehnt und bietet Sitze, die sehr unterschiedlich voneinander sind. Dazu gleich mehr. Die Kabine war nicht ganz so in Schuss wie im 11 Jahre älteren Lufthansa-Flieger.
DIE SITZE – Eurowings Discover als Lufthansa oder Edelweiss
Die Business-Class-Sitze der Lufthansa auf dem Hinflug waren eben die Business-Class-Sitze der Lufthansa: bequem zum Sitzen – nicht sehr bequem zum Liegen. Sie sind ziemlich eng, vor allem da Mitteleuropäer im Schnitt nicht zu den kleinsten, schmalsten Menschen gehören. Mir war der Sitz zu eng an den Schultern. Dazu kommt, dass die Sitze nach Reihe 1 ziemlich schmale Fußablagen haben. Die Mittelsitze sind dabei sogar sehr nah zum Nachbarn – ideal für zweideutige Fußspiele!
Bei der Edelweiss-Variante von Eurowings Discover gibt es große Unterschiede bei den Sitzen: der beste Sitz, wenn man schmal ist, ist der „Thron-Sitz“ 1A: ein Einzelsitz mit viel Beinfreiheit. Der zweitbeste Sitz ist 1K. Sehr schlechte Sitze sind die anderen „Throne“ 3A und 5A, sowie 2D, 3G, 4D, 5G, 6D – allesamt mit unfassbar engem Raum für Beine und Füße. Ist man etwas größer, fühlen sich die Beine wie gebündelt an – für mich die Garantie. NICHT schlafen zu können.
Gut sind noch die Sitze auf der rechten Fensterseite, alles durchgängig Einzelsitze ohne die Enge der „Thron“-Sitze. Die restlichen Sitze sind okay – wobei man vom Fenstersitz der Doppelsitze über den Nachbarn steigen muss, wenn man aufstehen möchte.
Eine Sache, die mir im wahrsten Sinne des Wortes etwas hochgekommen ist: mein Vordersitz auf dem Rücklug war frei – er sah etwas schmutzig aus, aber hatte mehr Platz. Ich setzte mich also hin. Um einige Minuten später zu merken, dass der „Schmutz“ Erbrochenes von einem Passagier vom Hinflug war. Der Sitz wurde weder gesperrt noch entsprechend abgedeckt oder gekennzeichnet. Meine Hose roch also ab da nach Erbrochenem. Nur gut, dass ich einen Pyjama aus einem Flug mit Emirates dabei hatte, in den ich zumindest für den verbleibenden Flug schlüpfen konnte. Ich habe mich nicht aufgeregt und nur gegen Ende des Fluges der wirklich netten Crew gegenüber erwähnt, dass dieser Sitz unbedingt gereinigt werden muss. - Es kann halt mal vorkommen – darf es aber eigentlich nicht.....
VERPFLEGUNG & SERVICE
Verpflegung und Service sind natürlich unabhängig von Flugzeug und Sitz. Hier fällt etwas auf: beide Crews wirkten enorm motiviert, waren je überaus freundlich, hilfsbereit, proaktiv – und man hatte den ganzen Flug über das Gefühl, dass man herzlich willkommen und gut aufgehoben ist.
Die Verpflegung war ebenfalls eine positive Überraschung. Die Qualität der Speisen war gut, die Präsentation ebenfalls. Es gab eine Auswahl aus drei Vor- und Hauptspeisen, Käse und Dessert. Zwischendurch gibt es eine kleine Auswahl an Snacks
Die Weine waren okay. Während es keine hochwertigen Weine gab, wie man es in Business Class erwaten könnte, gab es nette, kleine lokale Tupfer, wie etwa Williams-Christ-Birnenschnaps.
Gegen Ende des Fluges gab es auf dem Hinflug ein leichtes Dinner, bestehend aus Tapas (die gut waren und nicht zu vergleichen mit den Plastik-Tapas bei Eurowings auf der Europastrecke!) und Kartoffeln mit Mojo. Auf dem Rückflug über Nacht gab es stattdessen ein ziemlich gutes Frühstück, dazu warme Croissants und sehr guten, frischen Espresso.
AMENITY KIT
Beim Amenity Kit scheint man noch unschlüssig zu sein: Auf dem Hinflug gab es ein Kit der Lufthansa, das aus einer Kunststoff-Shoppingtasche bestand, mit Socken, Zahnbürste/- pasta, Lippencreme und Gesichtscreme. Auf dem Rückflug gab's ein Amenity Kit von Eurowings – mit Schlafmaske und Ohrstöpseln.
Beide Kits waren funktional, die Kunststofftasche war sogar praktisch, gibt's aber auch bei DM für'n Euro – beide Kits waren eher auf der ganz, ganz billigen Seite.
WASCHRÄUME
Die Waschräume / Toiletten waren auf beiden Maschinen, Ex-Lufthansa und Ex-Edelweiss eher spartanisch. Die Edelweiss-Variante war zumindest ein wenig größer als die „Mini-Klos“ (sorry!) der Lufthansa. Es gab Handlotion von Occitane, die Toiletten waren fast immer sauber - ansonsten nicht erwähnenswert.
ENTERTAINMENT
Ja, das Entertainment...... Es ist leider ziemlich schwach bei Eurowings Discover. Es gibt Filme, TV-Serien, Musik und Podcast, das Angebot ist aber ziemlich begrenzt. Für ein, zwei Flüge ist es in Ordnung, muss man aber regelmäßig die Airline fliegen, ist man bestimmt schnell gelangweilt.
Der Monitore sind in beiden Varianten nicht groß. In der Lufthansa Business Class ist der Monitor immerhin leicht beweglich, in der Edelweiss Business Class dagegen nicht. Zudem verschwimmt das Bild massiv, sobald man nicht frontal drauf schaut – was in einer Business Class mit Bett nun wirklich nervig ist. Liegt man, sieht man den Film nur noch schemenhaft.
Internet ist verfügbar, kostet aber.
Die Kopfhörer waren okay. Sie sind per Batterie noise-cancelling und gehen nicht übers Ohr, sondern liegen auf dem Ohr auf. Es gab einen Überzug-Schutz für die Kopfhörer – der allerdings nicht passte.
KOSTEN
Eurowings Discover mag zwar als Urlaubsairline noch ganz knapp zu den Billig-Airlines gehören, billig ist sie aber nicht. Zur Hochsaison im Juli/ August kostete der Flug schlappe 1700€, und das in ECONOMY! 4400€ waren in der Business Class fällig. Okay, dafür sollten im Nachhinein gesehen wirklich teurere Weine und ein tolles Amenity Kit drin sein!
Ich war dennoch happy, denn ich habe für diesen Flug ganze 600€ ausgegeben. Nein, ich werde nicht gesponsort! Es gibt eine ganz normale Antwort, die auch alle nachmachen können: Ich sammle Punkte bei Payback. Payback-Punkte lassen sich 1:1 in Lufthansa-Meilen umwandeln, mit denen man Flügen von Eurowings Discover buchen kann. „Aber dann musst Du ja 112000€ ausgeben, um soviele Punkte zu bekommen!“ (1 Punkt pro 1€ Ausgaben) - Das wäre schlimm! Nein, ich mach zum einen meine Payback-Einkäufe ziemlich geplant, sehe also, wenn es Aktionen von 10fachen und 20fachen und mehr Punkten gibt. Zudem gibt es ein-, zweimal im Jahr die Möglichkeit, die Punkte mit 25% Aufschlag in Meilen zu verwandeln.
Aber vor allem habe ich zugegriffen, als es im Dezember 2021, als wegen der Krise fast niemand buchen wollte, unglaubliche Meilen-Angebot bei Miles & More gab, mit 75% Nachlass auf Meilentickets bei Eurowings Discover. Ich habe den Flug also für gerademal nur 28000 Meilen gebucht und vollständig mit Payback-Punkten bezahlt, für die ich ja nicht extra zahle (denn Essen und Drogerieartikel brauche ich sowieso)! 22400 Payback-Punkte waren nötig, um dafür mit25% Aufschlag die nötigen 28000 Meilen zu erhalten. Die Punkte kann man etwa mit einem Zeitschriften-Angebot um die 300€ sofort haben – oder man sammelt wie ich geduldig und schafft das in einem halben bis ganzen Jahr durch ganz normale Einkäufe des täglichen Lebens.
Ich habe also tatsächlich nur die 600€ bezahlt, die an Gebühren für ein soches Meilenticket für Hin- und Rückflug verlangt werden.
Übrigens gehörendie Airlines der Lufthansa Group zu den internationale Spitzenreitern, wenn es um Zusatzkosten für Meilentickets geht.
ANKUNFT
Beim Thema Gepäck muss Eurowings Discover noch heftig nachholen: Es gab keine Priority Tags fürs die Business Class. Biblisches Resultat in Salt Lake City: Die ersten werden die letzten sein! Ich war zwar als erster ausgestiegen, aber habe fast als letzter nach gut 250 anderen Passagieren mein Gepäck erhalten. Ich hatte einen Anschlussflug mit viel Zeitpuffer – und trotzdem wurde es am Schluss etwas brenzlig: erst stand niemand an der Passkontrolle. Als ich endlich meinen Koffer hatte, waren gut 150 Passagiere vor mir, davon viele Umsteiger von außerhalb Europas mit aufwändiger Visa-Einreise – entsprechend langsam wurde die Schlange kürzer.
Bei der Rückreise wartete ich nach zweieinhalb Stunden Verspätung weitere zweieinhalb Stunden auf mein Gepäck – was aber der damals katastrophalen Lage am Frankfurter Flughafen lag, wo man sich wunderte, dass Gepäck-Lader, die der Flughafen während der Krise direkt gefeuert hat, nicht mehr begeistert zurückkommen wollten
FAZIT: WAR'S GUT?
Der Service war auf beiden Flügen wirklich sehr gut, das Catering war ebenfalls eine positive Überraschung. Die Sitze sind nicht so der Wahnsinn, außer man hat Glück und sitzt auf einem der wenigen guten Sitze. Nun kommen die Kosten ins Spiel: Hat man ein Ticket erwischt wie ich, war das der bei weitem bestmögliche Einsatz für Meilen – wahrscheinlich weltweit!
Müsste ich dafür die abgefragten 4400€ zahlen, hätte ich wohl Tränen-Sturzbäche in den Augen, denn das war der Flug wirklich nicht wert. (und 1750€ für Economy noch weniger). Dafür ist das Entertainment nicht gut genug, dafür gibt’s keine Lounge und keinen Verzehr-Gutschein in Salt Lake City, dafür gibt’s kein besonderes Erlebnis an Bord wie etwa ein wirklich schönes Amenity Kit oder exklusivere Weine. Allerdings ist es die einzige Nonstop-Verbindung zwischen Utah und dem deutschsprachigen Raum – das ist einigen bestimmt auch den Extra-Euro wert.