City Tour: Delhi in (fast) einem Tag
Delhi erkunden - aber ohne Stress und Magengrummeln
Mit Wagen und Fahrer und dennoch günstig
Indiens Hauptstadt Delhi ist eine der aufregendsten Städte Asiens.
Aber Hand aufs Herz: wer will unbedingt mal nach Delhi und Indien – und hat dann doch Schiss...?
Die Klischees von Chaos und jahrelangem Durchfall danach kennt man, und bedingt können sie der Wahrheit entsprechen. Anders als die meisten Blogs gehen wir die Tagestour nicht maximal billig an, sondern wir erkunden Delhi mit Komfort, aber ohne dabei auf Abenteuer zu verzichten oder in die Touri-Falle zu tappen. Bleibende Erinnerungen aus Indien mitzunehmen geht günstig UND komfortabel. Los geht’s nach Delhi auf unsere Tagestour, die eigentlich eine 1,5-Tagestour ist.
Tips für Delhi und Indien allgemein: Was brauche ich für die Delhi-Tour?
Ausreichend Bargeld für den ganzen Tag – Kreditkarten werden fast nur in den großen Hotels genommen
SIM-Card fürs Handy (ca. 5€/ Monat, inkl. 1,5GB/ Tag) – wichtig für schnelle Kommunikation mit dem Fahrer, im Auto und auch fürs Wieder-Abholen
Lange, luftige Kleidung – um in die Tempel rein zu kommen
Desinfektionsmittel – keine Reue nachdem man alles angefasst hat...
im Sommer: Hand-Ventilator (auch wenn es peinlich ist)
Rolle Toilettenpapier – wenn man keine Wasserdüse benutzen will
Download des Google Translator mit Hindi als Sprache
Delhi erkunden mit Mietwagen und Fahrer
Was in großen Teilen der Welt nur sehr wohlhabenden Touristen vorbehalten ist, ist in Delhi möglich: Den ganzen Tag im Mietauto durch Delhi gefahren werden, mit eigenem Fahrer, was man bei zahlreichen Anbietern in Delhi bestellen kann – mit Fahrer mit oder ohne Englisch-Kenntnisse.
Mein Fahrer sprach kein Englisch, was nicht schlimm war (warum, sag ich gleich). Das Auto war in gutem Zustand und der Fahrer war freundlich und kannte sich in der Stadt sehr gut aus.
Preis: 25 Euro für 12 Stunden innerhalb der Stadtgrenzen für Auto, Fahrer und Benzin!
Komfortabel und günstig!
Wenn ich das Auto verließ, war der Fahrer Dank Google Maps und Whatsapp auch immer gleich da, wo ich ihn brauchte. Google Translator hat dabei die Sprachbarriere problemlos überwunden.
Route für 1 Tag:
Mein Hotel war das sagenhafte Leela Palace Delhi, das abseits des großen Trubels südlich des India Gate im Botschaftsviertel liegt. Ich bin erst um 10h losgefahren – ich schlage allerdings 8h vor.
India Gate
(geöffnet: immer, Eintritt: gratis)
Das India Gate ist ein Triumphbogen, der der indischen Gefallenen im Ersten Weltkrieg aber auch generell der gefallenen indischen Soldaten gedenkt. Er ist Beginn einer großen Paradestraße, die im Regierungsviertel mit Regierung und Ministerien endet. Nachts ist es in den Nationalfarben angestrahlt.
Gurudwara Sri Bangla Sahib
(geöffnet: immer, Eintritt: gratis)
Vom India Gate sind es etwa 15 Autominuten zu einem der heiligsten Orte der Sikh: Der Gurudwara Sri Bangla Sahib, eine Tempelanlage mit Wasserbecken mit Ursprüngen im 17. Jahrhundert.
Der Gurudwara (Sitz der Guru) war ursprünglich das Anwesen eines hohen Generals von Jaipur (damals „Amber“). Später wurde es zu einem Gurudwara, nachdem Guru Hare Krischan dort residierte. Dem Wasser im Wasserbecken der Anlage wird so heilende Kräfte nachgesagt, dass Sikhs in alle Welt mit nach Hause nehmen sollen... Teilweise baden sogar Menschen im Wasserbecken, in dem übrigens auch Fische schwimmen.
Die Story dazu ist etwas sonderbar: Bei einem Ausbruch von Pocken und Cholera in Delhi im 17. Jahrhundert half der Guru den Kranken und gab ihnen auch frisches Wasser aus seiner Quelle. Er infizierte sich kurz darauf selber und starb. Ein Brunnen wurde daraufhin zu seinem Gedenken errichtet, und dem Wasser wird heilende Wirkung nachgesagt. Nun könnte man sagen, warum es heilt, wenn der Guru trotzdem selbst wie alle anderen an Pocken/ Cholera starb - aber Glaube kann eben sehr stark sein...
Heute ist hier auch eine Krankenstation für Arme vorhanden, die Tomographien für 5€ bekommen.
Connaught Place – zum Shoppen und Essen tagsüber und abends
Gleich um die Ecke ist Connaught Place, ein hübsches, geschäftiges, relativ westliches Viertel rund um einen kreisrunden Platz. Hier gibt es eine Vielzahl schicker Cafés und Restaurants, die von der „In-Crowd“ besucht werden – nicht günstig, aber für Europäer natürlich absolut bezahlbar, etwa auf europäischem Preisniveau. Eine kurze Erfrischung und vielleicht ein Toilettenbesuch in einem der besseren Cafés (auch hier gibt’s zwar häufig eine westliche Toilette, aber selten Toilettenpapier!), bevor wir uns ins Getümmel von Old Delhi schmeißen. Ach so, H&M gibt's hier auch... Wer's mag...
Die Straßen und Märkte von Old Delhi
In Old Delhi erlebt man das, was man als Klischee vielleicht erwartet: beeindruckend chaotischen Straßenverkehr mit dutzenden Autohupen im Lautstärke-Wettbewerb, Massen von Menschen, dicke Luft. Und gleichzeitig gibt es, wenn man die Augen offen hält, viele genauso beeindruckend schöne Szenen: Straßen mit Papierläden mit traumhaft schönem Papier, ein ganzes Viertel mit Bekleidungsgeschäften mit sagenhaft schönen, wertvollen Stoffen aus Brokat, mit Perlenbesatz und Schleier.
Straßen sind wie vor langer Zeit in Europa teilweise in einzelne Handwerke aufgeteilt: Metallhandel, Stoffe, Papier – und natürlich: Gewürze!
Es gibt den berühmten Chandni Chowk Market, der auch von zahlreichen Touristengruppen besucht wird. Auf jeden Fall ist er einen Besuch wert.
Wer es individueller mag und eher keinen anderen Touristen begegnen will, geht vielleicht wie ich auf den Gadodia Gewürzmarkt. Die intensiven Gerüche der Gewürze weisen die letzten zig Meter den Weg: alle möglichen Sorten von Pfeffer, Kardamom, Gelbwurz, Sternanis, Nelken etc werden hier in 20-Kilo-Säcken verladen und gehandelt. So viel zu sehen, so viel zu riechen!
Rikscha-Fahrten
Zahlreiche Touranbieter haben Rikschafahrten im Programm. Rikschas sind normaler Teil des Verkehrs in Delhi. Als solcher ist es auch keine Schande, eine Rikscha zu nehmen. Wer also doch mal Rikscha fahren möchte: hier ist der Moment! Angesichts der enormen Anstrengung der Fahrer sollte man aber von vornherein gleich aufs Feilschen verzichten – und besser den gefragten Preis zahlen und direkt dasselbe nochmal geben. Für die 20 unglaublich anstrengenden Minuten wurde von mir nur ein Drittel dessen gefragt, was eine Flasche Sprudel im Café kostet...!
Feilschen kann man woanders – die Rikscha-Fahrer profitieren in der Regel nicht vom Tourismus und sind zu erschöpft für solche Anstalten. Ein wirklich gutes Trinkgeld ist hier die richtige Idee und wird Freude verbreiten!
Praxistip 1: Google Maps kann von großer Hilfe sein, wenn man sich im Straßengewirr von Old Delhi verliert – und irgendwie gehört das Sich-Treiben-Lassen und Desorientierung hier fast dazu.
Google Maps und Whatsapp zum Fahrer sind dann die Retter.
Praxistip 2: In Old Delhi gibt es kaum ein westliches Hotel, das eine für uns angenehme Toilette hätte. Ein Toilettenbesuch davor etwa in einem Café in Connaught Place ist daher eine gute Idee!
Jama Masjid – Die Jama-Moschee von Delhi
(geöffnet: 7-12h/ 13h30-18h30 – Zutritt zur Moschee nur für Moslems, Eintritt für nichtindische Touristen: 300 INR)
Etwa 25000 Menschen haben in einer der größten und bedeutendsten Moscheen des Landes Platz.
Der rechteckige Vorplatz der Moschee aus dem 17. Jahrhundert ist entsprechend groß. 40 Meter ragen die Minarette in die Höhe.
Schade nur, dass man als Nicht-Moslem nicht in die Moschee selbst rein darf. Das erfährt man allerdings am Eingang zum Vorplatz nicht, wenn man das Ticket zahlt. Wofür dann 300 INR Eintritt verlangt werden, konnte mir beim Rausgehen keiner sagen.
Hat man ganz früh begonnen:
Rotes Fort Delhi – sonst an einem extra Vormittag (Beschreibung siehe weiter unten)
Humayun-Mausoleum (Humayun's Tomb)
(geöffnet: Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, Eintritt: 600 INR)
Von der Jama-Moschee und auch vom Roten Fort aus sind es etwa 15 Autominuten bis zu einem der schönsten Bauwerke der Mugul-Zeit: Die Anlage des Humayun-Mausoleums. Humayun war Mogul-Kaiser im 16. Jahrhundert. Für ihn wurde eines der schönsten Mausoleen des Landes errichtet, das in seiner Schönheit nur vom Taj Mahal übertroffen wird.
In einer weitläufigen Gartenanlage, größer als die vieler europäischer Schlösser, erhebt sich dieser Prachtbau in persischer Architektur aus rotem Sandstein, das seit 1993 auf der Liste der UNSECO-Weltkulturerbes steht.
Nicht nur Humayun ist hier beigesetzt, sondern auch seine Frau Bega Begum, mehrere nachfolgende Kaiser, darunter der Sohn von Shah Jahan, dem bedeutendsten Mogul-Kaiser, der auch das Rote Fort von Delhi und das Taj Mahal erbaute, selber aber in Agra, im Taj Mahal, begraben ist.
Teil der Anlage, die ursprünglich ans Ufer des Yamuna angrenzte, ist auch das Mausoleum des afghanischen Adligen Isa Khan Niazi, der in Hochverrat involviert war und dennoch für die Zeit unglaubliche 95 Jahre alt wurde.
Lotos-Tempel - Baha'i House of Worship
(geöffnet: tgl. außer Montag 8h30-18h, Eintritt: gratis)
Der 1986 eröffnete Tempel in Form einer Lotusblüte ist ein Baha'i Haus der Andacht, gebaut für Religionsanhänger aller Glaubensrichtungen. Innen ist der 1300 Menschen fassende Bau nahezu leer, aber von außen beeindruckt die gelungene Architektur. Menschen aller Glaubensrichtungen steht der Tempel offen, um zu reflektieren und zu beten.
Umgeben ist der Tempel von einer großen Gartenanlage – und zahllosen Besuchern, die wie ein Fluss zum und vom Tempel strömen. Ein Besuch lohnt sich allein schon für den Blick (über die Köpfe der Besucher hinweg) auf diese besonders schöne Architektur.
Delhi am Abend – Essen gehen...
Die Millionenmetropole Delhi bietet natürlich Restaurants aller Küchen und aller Preislagen. Das einzige Wichtige aber ist die Regel: nichts Rohes essen, auch nicht im guten Restaurant (schwer, aber da muss man durch), auch keine Salatgarnituren. Und: nur in Flaschen verschlossen gelieferte Getränke trinken. Dann steht einem tollen Geschmackserlebnis ohne Reue nichts im Wege. Streetfood, das etwa fast überall in Südostasien total sicher ist, sollte man unbedingt und ohne Ausnahmen meiden: Der große, berüchtigte tagelange „Delhi Belly“ kommt oft von einem kleinen Ausrutscher...
Ich selber habe das indische Restaurant des Leela Palace Hotels besucht, eines der besten der Stadt und ein einmaliges Erlebnis. Nie davor und nie danach habe ich derart gutes indisches Essen probiert.
Am Connaught Place war ich zu Gast im „Yeti Restaurant“ - mit tibetanischer Küche und allgemein Küche aus der Himalaya-Region. Mit viel Chili und vielen Innereien ist es wahrscheinlich nicht für alle Geschmäcker geeignet, aber eine Erfahrung war es auf jeden Fall.
Der Khan Market, ein kleinerer Markt im Süden von Connaught Place, bietet tagsüber qualitativ hochwertigere Kleidung. Abends ist er zu einer Ausgehmeile mit ein paar angesagten Cafés und Bars geworden. Nicht riesig, aber nette Atmosphäre.
Rotes Fort Delhi
möglichst an einem Extra-Vormittag
(geöffnet: tgl. 9h30-16h30, Eintritt: 250 INR)
Das Rote Fort von Delhi ist ein weiteres Meisterwerk der Mogul-Architektur und ihr Höhepunkt. Es wurde mit dem Umzug der Hauptstadt von Agra nach Delhi vom berühmtesten Mogul-Kaiser errichtet: Shah Jahan, der auch Bauherr des Taj Mahal war.
Das Fort ist wirklich riesig. Daher lohnt es sich, hier gut drei Stunden einzuplanen, um die weitläufigen Anlagen abzugehen und auch wirklich das Wichtigste zu sehen. Mit schnellem Laufen ist der Besuch wohl auch in 1,5 Stunden möglich. Besonders in der Monsunzeit am besten aber einen Vormittag wählen, wenn die Regenwahrscheinlichkeit niedriger ist. Beachten sollte man auch, dass das Fort bereits um 16h30 geschlossen wird.
Von außen ist vom Roten Fort nur seine wuchtige, hohe Festungsmauer aus tiefrotem Sandstein zu sehen. Nach Betreten und Durchwandern mehrerer riesiger Torbögen und Innenhöfe eröffnen sich die großen Gartenanlagen. Schade ist, dass hier nur noch Wiese übrig ist – denn die Gärten waren zu ihrer Hochzeit bestimmt üppiger...
Das Rote Fort ist nicht nur Festung, sondern war auch Residenz der Mogul-Kaiser ab Shah Jahan Es wurde ziemlich gleichzeitig mit Versailles erbaut, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Am Ende des ersten zentralen Gartens steht die Audienzhalle Diwan-i-Aam, die für Audienzen mit Anfragen des einfachen Volks gedacht war. Sehr theatralisch steht in ihrer Mitte der Marmorthron mit bunten Steinintarsien. Böse Zungen sagen, es sei gut, dass der Thron so schwer und aus Stein war, sonst wäre auch er in einem Londoner Museum gelandet...
Hinter dieser Audienzhalle befindet sich der innerste Palastbereich mit der förmlicheren Audienzhalle Diwan-i-Khas, Ort des legendären Pfauenthrons der Mogul-Kaiser. Der Pfauenthron war wahrscheinlich das wertvollste Prunkstück Asiens, nach Berichten mit über 26000 Edelsteinen besetzt, darunter berühmte Steine wie der Koh-i-Noor-Diamant.
Durch die Audienzhalle, ganz aus Marmor und mit bunten Steinintarsien verziert, floss mittig ein Bach, die Decke war historischen Berichten zufolge komplett mit Gold- und Silbereinlagen geschmückt.
All den Schmuck und besonders auch den Thron gibt es nicht mehr. Zunächst wurde er 1739 mit allen anderen Kunstwerken und Juwelen von den Persern geraubt, dann wurde England Kolonialmacht über Persien UND Indien, und vieles Wertvolle ging damit direkt nach London. Der Koh-i-Noor ist heute in der britischen Krone eingearbeitet.
Falls man mehr Zeit mitbringt: im Fort befinden sich mehrere sehenswerte Museen, die die reiche Geschichte Indiens aufbereiten!
Fazit:
Delhi ist eine anstrengende Stadt - aber gleichzeitig auch eine faszinierende! Zumindest wenn man ein wenig reise- und asienerfahren ist, sollte man die Mühen in Kauf nehmen. Es gibt so viel zu "er-Leben": Gerüche, Anblicke, Geräusche - alle sowohl in wunderschöner als auch hässlicher Variante. Und alles interessant als Erfahrung mitzunehmen: sei es die Geruchslawine auf einem Gewürzmarkt, seien es die prachtvollen Stoffe traditioneller Kleidergeschäfte, sei es ein Hund, der einen vertrockneten Rabenkadaver zu fressen versucht, oder sei es das wunderschöne Grabmal eines vor über 400 Jahren verstorbenen Mogul-Kaisers.
Man muss das alles nicht mit Backpack und in zerrissener, verstaubter Kleidung machen - es geht auch mit Komfort, und das günstig! Indien ist ein unfassbar spannendes Land, und es brauchte über 40 Jahre, bis ich es endlich zum ersten Mal besuchte. Und es werden mehr Besuche werden!